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Laubscher | Petersen | Plademunt | Roessel

Das PhotoforumPasquArt zeigt vier Künstler, die die Fotografie als Ermittlungsinstrument im Dienste der Erzählung verstehen. Unter Zuhilfenahme der subtilen Alchimie, die das fotografische Dokument ermöglicht, entwerfen Yann Laubscher, Regine Petersen, Aleix Plademunt und Jonathan Roessel Erzählungen, die über das blosse Darstellen von simplen Fakten hinausgehen.

Der Wolf als Metapher

M38 ist die Bezeichnung für den ersten Wolf, der letztes Jahr die Schweiz durchquert hat. Angezogen vom Wesen dieses oft nur schwer fassbaren Tieres hat sich Yann Laubscher (*1986, Lausanne) auf aussergewöhnliche Art und Weise an dessen Fersen geheftet. Er liess sich leiten vom Medienecho, das das Tier hervorrief, und folgte so der geographischen Spur des Wolfs, die ihn in Kontakt brachte mit Örtlichkeiten, Landschaften und Personen. Seine Arbeit zeichnet für uns die Erfahrungen nach, die er dabei gemacht hat.

Die beschaulichen und machmal melancholisch gefärbten Bilder von Yann Laubscher geben einer fast mystischen Faszination für die Natur Ausdruck. In einer nüchternen Handschrift, die das Erlebte umsetzt, versuchen die Bilder den Schleier, der über der Wildheit liegt, zu lüften und hinterfragen deren Stellung und Wert in einer praktisch vollständig gezähmten Umgebung. Über die Metapher des Wolfes verweist Laubscher den Betrachter seiner Bilder aber auch zurück an die in ihm selbst schlummernde Wildheit.

Meteoriten als Zeitkapseln

Seit mehreren Jahren baut die Künstlerin Regine Petersen (*1976, D-Hamburg) ein Werk auf rund um ihre Faszination für Meteoriten, die sie als Zeitkapseln und emotionale Objekte versteht. In der Arbeit «Find a Fallen Star» verwendet die Künstlerin Geschichten, die von Meteoriteneinschlägen berichten, als Ausgangspunkt für eine erzählerische Arbeit, die mehrere Verständnisebenen umfasst. Das im PhotoforumPasquArt gezeigte, erste Kapitel, «Stars Fell on Alabama», erzählt die Geschichte eines Meteoriteneinschlags vom 30. September 1954 in Sylacauga, Alabama und dessen Folgen für das Haus von Ann Elisabeth Hodges nach.

Regine Petersen versammelt Presseausschnitte aus jener Zeit, Zeugenaussagen und Originalinterviews, in Archiven oder zufällig aufgefundene Bilder sowie ihre eigenen Dokumentarbilder. Sie verwandelt den Vorfall in eine breit angelegte und passionierte Nachsuche, die einen Blick auf einen besonderen Ort und eine besondere Zeit wirft und so unterschiedliche Themenkreise wie Sterblichkeit, Religion, die Rassenfrage oder den Kolonialismus anreisst. Mit diesem Ansatz, der die dem Medium Fotografie innewohnenden Qualitäten nutzt, konstruiert sie eine komplexe Erzählung, in der sie Wissenschaft und Kunst kombiniert und darüber hinaus der Beziehung zwischen Vergangenheit und Zukunft und zwischen Realität und Fiktion nachgeht.

Die Distanz als Spiel

Der katalanische Fotograf Aleix Plademunt (*1980, E-Girona) bezeichnet sich selbst als jemanden, der unermüdlich nach Bildern sucht und um die Ecke denken kann, was es ihm erlaubt, Objekte, Orte und Momente mit- und untereinander zu verbinden. Seine Arbeit mit dem Titel «Almost There» hat seinen Ursprung in einer Postkarte von 1909, die von einem gewissen John an eine gewisse Essie gerichtet war. Der Text auf der Postkarte lautet: «Lieber Freund, ich bin auf dem Weg in den Süden». Im unteren Teil der Karte ist ein Stempel zu sehen, der besagt, dass die Postkarte nie bei der Adressatin angekommen ist.

Der Künstler nutzt diese Entdeckung dazu, eine plastische Untersuchung des Begriffs «Distanz» zu initiieren, sei diese nun zeitlich, physisch oder emotional. In seiner Arbeit, in der die narrative Kohärenz bewusst unterlaufen wird, legt er den Akzent auf sich überkreuzende Beziehungen zwischen speziellen Situationen und Objekten, die auf den ersten Blick völlig fremd anmuten. Er spielt dabei mit Veränderungen auf der Zeitebene. Bilder von der entfernten Galaxie Andromeda oder prähistorische Knochen werden herangerückt an das, was dem Künstler selbst am nächsten liegt: die Vergrösserung der eigenen, roten Blutkörperchen. «Almost There» hinterfragt die Standarddefinitionen von Zeit, Distanz und Raum.

Ein Gelehrter als Sujet

Mit der Arbeit «Dernière sortie» zeichnet Jonathan Roessel (*1989, Renens) die Geschichte von Philippe Morel nach, einem renommierten Archäozoologen, der 1999 bei einem Unfall im Rahmen einer Höhlenforschung im Steinbockloch im Berner Ober­land verscholl. Ausgehend von persönlichen Archiven des Neuenburger Wissen­schaftlers rekonstruiert der Künstler die vielfältigen und abenteuerlichen Reisen dieser aussergewöhnlichen Persönlichkeit, die insbesondere als herausragender Fachmann für die Erforschung von Knochen und als Vertreter einer experimentellen Archäologie bekannt war.

Durch die Vermischung von Archivdokumenten, Auszügen aus Notizbüchern und Originalfotos von Expeditionen mit zeitgenössischen Dokumentar­fotos kreiert Roessel eine poetische und erzählerische Rekonstruktion des Lebens dieses unermüdlichen Forschers. Indem er mit den Grenzen des konzeptuellen Ansatzes und der «Dokumentation des Nachhers» spielt, schafft es der Künstler, die Fakten aus der Vergangenheit feinfühlig in der Gegenwart zum Leben zu erwecken und ihnen zusätzlich eine symbolische Kraft zu verleihen.

Pressedossier (pdf)

www.aleixplademunt.com/

www.reginepetersen.com/

www.yannlaubscher.ch/

De la série „M-38“. © Yann Laubscher / CEPV

Aus der Serie „Find a Fallen Star“. © Regine Petersen

The Pine on the Corner © Aleix Plademunt

De la série „Dernière sortie“ © Jonathan Roessel / CEPV

Ausstellungsansicht